Uhren restaurieren

Die Zeit, nachdem die Kinder im Bett waren, wurde genutzt um alle Uhren im Haushalt mit den entsprechenden Literaturstellen zu vergleichen. Gleichzeitig wuchs auch allmählich der Handwerkszeugvorrat. So ausgerüstet und mit einem angelesenen Halbwissen traute ich mich im Verwandten- und Freundeskreis nach abgelegten und defekten Uhren zu fragen. Was für ein Fundus!

Meine Diagnosen wurden immer sicherer, Reparaturerfolge stellten sich ein und wurden anerkannt. Inzwischen besuchte ich Flohmärkte. Wie magnetisch wurden meine Blicke an den Ständen auf die ausliegenden Uhren gelenkt. Ziemlich sicher konnte ich den Erfolg abschätzen, ob ich das gute Stück noch zum Leben erwecken kann oder nicht.

Die ganze Sache erfuhr einen zusätzlichen Schub, als ich von einem ehemaligen Uhrmacher einen Bestand von alten Uhren, Werken (Uhren ohne Gehäuse), Einzelteilen und Werkzeug erwerben konnte. Gewiss, den Uhren fehlte irgend etwas, sonst hätte er sie früher schon repariert. Aber für mich waren es gute Anschauungsstücke, Versuchskaninchen und manchmal auch eine Bestätigung meiner wachsenden Erfolge.

Die Freude an dieser Freizeitbeschäftigung wurde nach einigen Jahren gedämpft. Es wurde modern, Taschenuhren quasi als Kollagen an die Wand zu hängen. Uhren waren kein Sammelobjekt oder Zeitmesser mehr, sie wurden zum Dekorationsobjekt. Überproportional stiegen die Preise. Ich aber hatte mein Familienschiff geschickt um die Klippen des Lebens zu navigieren, daher war ich alsbald nicht mehr bereit, die geforderten Vorstellungen zu erfüllen.

Es gibt Uhren für spezielle Anwendungen. Sie sind in der Regel höher technisiert und damit für mich noch interessanter. Auf der anderen Seite werden sie auf den Flohmärkten nicht so sehr beachtet. Gut für mich, denn sie sind erschwinglich und zeigen mir, wie man früher mit viel Aufwand mechanisch ein Problem gelöst hat.

So langsam trenne ich mich von den Stücken. Ich freue mich, wenn meine Kinder die Zeugen der Zeit noch weiterhin ehren.